auf den Weg machen X-XI 1997

Rauminstallation „auf den Weg machen“,
Galerie Denkmalschmiede Höfgen, Kaditzsch/Leipzig 4.10. – 23.11.1997

Die Idee zu dieser Installation entstand während eines vierwöchigen Arbeitsaufenthaltes
im Gastatelier des Vierseitenhofes der Denkmalschmiede Höfgen vor Ostern 1997.
Die Galerie liegt nahe der Mulde am Rand eines Naherholungsgebietes südlich von Leipzig,
in dem viele Städter unterwegs sind, in dem aber auch viele Menschen auf unterschiedlichste Art leben.
Die Besucher folgen meistens einem markierten Weg, auf dem die Natur als Kulisse für
Begegnungen mit anderen Menschen erlebbar wird.
Der Kaditzscher Hof ist mit seinem vielseitigen kulturellen Angebot in diesem Gebiet
eine Schnittstelle zwischen äußerer Natur – der heute weitgehend von Menschenhand
inszenierten Landschaft – und innerer Natur, dem Bereich menschlicher Schöpferkraft
und menschlichen Geistes. Der historische, wenn auch für den zeitgenössischen Zweck
überarbeitete ehemalige landwirtschaftliche Lagerraum, bildet die Hülle für einen Ort
der Sammlung und des Sammelns.

An den Wänden der Galerie sind in unregelmäßigen Abständen und Höhen
10 speziell für diesen Raum aus Holz gebaute Leuchtkästen installiert, in denen auf Folie übertragene
Video-Standbilder von Osterspaziergängern, die entlang dem Mulde Uferweg entstanden,
zu sehen sind. Aus den Folien sind die Spaziergänger herausgeschnitten,
so dass der Blick durch die Öffnungen auf die Rückwände der Leuchtkästen fallen kann.
Nur in einem Leuchtkasten, der die Schiffsfähre am Umkehrpunkt des Uferweges zeigt,
sind die Fährfrau und ihr Mann nicht herausgeschnitten –
sie gehören zum kulissenhaften Umfeld des Spazierweges.

Im Zentrum der Rauminstallation befindet sich ein von einem Elektromotor langsam gedrehtes Objekt,
auf das von vier Seiten Dias einer Brücke vom Beginn des Uferweges und eines Schiffspontons
am Ende des Weges projiziert werden. Das Objekt verweist in abstrahierter Form auf die Fruchtkapseln
der „Jungfer im Grün“, die zu Ostern noch gelegentlich im Stroh der Winterwiesen zu finden waren.
Das Objekt verweist außerdem auf den Kometen Hale-Bopp, der als Projektionsfläche
menschlicher Phantasien und Wünsche am nächtlichen Himmel der Ostertage zu sehen war.

Seine Form ist so gestaltet und positioniert, dass die Diaprojektionen oberhalb der breitesten Stelle
zusammen mit den Schattenbildern des sich drehenden Objektes vor allem dort auf die umliegenden Wände
geworfen werden, wo früher einmal Ein- und Durchgänge waren.

Zur Installation gehört ein Video, das im hinteren Bereich des Raumes auf einem Monitor präsentiert wird.
Das Video entstand während des Arbeitsaufenthaltes an Ostern, stellt die Fährfrau und den Bauer Hansen vor, die in der landschaftlichen Kulisse des Muldetales leben und arbeiten und schließt mit einer akustischen Installation im nahegelegenen Bismarckturm, deren Klänge auf die Klänge der Landschaft Bezug nehmen.
Das Video ist hier aus Platzgründen, anders als während der Ausstellung, in drei Teilen nacheinander zu sehen.



© 2012 Jan Blaß