Rauminstallation im Rahmen der Ausstellung „Paperworks“,
Galerie Keller, Mannheim, 10.05. – 28.06.2014
Wellpappe, Spiegelfolie, Getriebemotor, 4 Halogenspots,
Aquarellkarton, Gießwachs in drei Farbabstufungen
Eine Begegnung im Keller direkt unter der Galerie, in dem bis zu seinem Tod
der Mannheimer Künstler Karl Rödel seine Druckwerkstatt hatte, mit einem
flatternden, dort nistenden und einem tot am Boden liegenden Vogel,
bringt mich auf die Idee, mit einem beweglichen „Schwarm“ im Raum zu arbeiten.
Ich arbeite zunächst mit Papierobjekten, die ich in flüssiges Wachs tauche,
lasse sie im Raum schweben und experimentiere mit verschiedenen Lichtsituationen,
z.B. Lampen, die sich um die Objekte bewegen.
Zu meinem eigenen Erstaunen funktioniert das aber nicht.
Erst, als ich die Objekte an den Wänden befestige, bekommen sie
die körperhafte Präsenz, die ich mir erhofft hatte.
Dazu entwickele ich dann als Lichtquelle ein zylindrisches Objekt unter der Decke,
das aus dem Zentrum des im Atelier simulierten Ausstellungsraumes heraus
in einer gleichmäßigen Drehbewegung die Wände mit fünfeckigen Spiegeln abtastet
und die Objekte durch sich bewegende Lichtbündel einem beständigen Strom
wechselnder Lichtprojektionen aussetzt, so dass die Schatten durch die unterschiedlichen
Anstrahlwinkel der bewegten Spiegel leicht pulsieren.
Die Fünfecke erinnern mich einerseits an Antennen von Fernmeldetürmen,
andererseits nehmen sie Bezug auf zu einem Gitter, das im Atelier
als Rest der Merdinger Installation steht, ein osmanisches Flechtornament
aus Fünf- und Zehn-Ecken, mit dem ich das Objekt dann nach unten begrenze.
Die totale Vernetzung der Welt, wie sie aus muslimischer Sicht,
im Glauben sich vollziehend, mit geometrischer Rationalität Bild werden kann,
sie vollzieht sich in unserer Gesellschaft auf technischem Wege.
Auf diesem Gitter liegt eine Wolke aus zusammengeknülltem Papier,
die durch 4 Spots, die die Spiegel beleuchten, beständig wechselndem Licht
ausgesetzt wird und dadurch über den Köpfen der Betrachter
blinkt und flimmert wie ein großes Steuerzentrum.
Ich beginne außerdem auf Facebook international zu recherchieren und
Fotos von Privatpersonen unter dem Aspekt der „inszenierten Nähe“ auszuwählen.
Mit Kugelschreiber-Zeichnungen nach diesen Facebook-Fotos,
also ganz bewusst analogen Mitteln der Bildherstellung, die mir die Möglichkeit geben,
Format- , Ausschnitt- und Hell-Dunkel Veränderungen sehr intuitiv vorzunehmen,
beginnt dann die Arbeit an einer Serie von Papierobjekten.
Jedes Papier wird nach dem Auftragen der Kugelschreiber-Zeichnung
durch Faltungen, Wölbungen, Beschneidungen, Reißen zu einem räumlichen Objekt
und schließlich durch Eintauchen und Begießen mit flüssigem Wachs endbearbeitet.
So ist aus der anfänglichen Begegnung mit dem Vogel
eine Serie von Begegnungen mit Schwärmen von Vogelmenschen entstanden.
Damit habe ich für die Ambivalenzen virtueller Räume
mit ihren nie geahnten Möglichkeiten der Vernetzung,
aber auch der Überwachung, eine für mich neue Form gefunden.